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Unfähige Goldröckchen statt hochqualifizierter Männer? Was für ein Quatsch. Top-Juristin Barbara Mayer räumt mit Vorurteilen der Frauenquote-Diskussion auf

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Wer hat Angst vor der Frauenquote?

Gastbeitrag von Babara Mayer, einer der führenden M&A-Anwältinnen Deutschlands und Partnerin bei Friedrich Graf von Westphalen & Partner

 

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In den Koalitionsverhandlungen haben sich Union und SPD auf Vorgaben für Frauenquoten in Unternehmen geeinigt: Mindestens 30 Prozent der Aufsichtsräte sollen ab 2016 weiblich sein. Das betrifft allerdings nur eine winzige Zahl von Unternehmen, nämlich nur börsennotierte mit mehr als 2000 Mitarbeitern. Wenn die Frauenquote Gesetz wird, sind also vielleicht 500 Unternehmen in Deutschland betroffen – von insgesamt fünf Millionen.
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Musterschüler: Henkel, Deutsche Bank, Beiersdorf und Allianz 
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Dennoch schlägt das Thema Wellen in der deutschen Wirtschaft. Denn bisher erfüllt nur jeder vierte Dax-Konzern die geplante Frauenquote. Henkel, Deutsche Bank, Beiersdorf und Allianz sind die Musterschüler. Bei diesen vier Unternehmen erfüllen sowohl die Anteilseigner als auch die Arbeitnehmer die 30-Prozent-Quote im Aufsichtsrat.
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Einige Unternehmen schaffen die 30-Prozent-Marke nur mit Hilfe einer starken Frauenpräsenz im Arbeitnehmer-Lager: Commerzbank, Deutsche Post, Deutsche Telekom und Lufthansa.
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Auf der Anteilseigner-Seite sieht es hingegen düster aus: Im 20-köpfigen Aufsichtsrat der Lufthansa ist die Chefin des Maschinenbauers Trumpf, Nicola Leibinger-Kammüller, die einzige Frau unter den zehn Vertretern der Anteilseigner. Dementsprechend geht in den Wirtschaftsverbänden die Angst um. Die Angst davor, dass die Frauenquote unqualifizierte Goldröckchen hervorbringen könnte, die Plätze blockieren, die anderenfalls hochqualifizierte Männer innehätten.
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Frauen müssen Ingenieurinnen sein und Männer nicht?
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Hochqualifizierte Männer gegen unfähige Goldröckchen? Das möchte ich doch etwas näher beleuchten.
 
Nicola Leibinger-Kammüller, die schon erwähnte Chefin des Maschinenbau-Unternehmens Trumpf und damit eine der Spitzenfrauen der deutschen Wirtschaft, bezeichnete die in den Koalitionsverhandlungen angedachte Quote als „überflüssig“. Und dass es zum Beispiel im Maschinenbau nicht genügend qualifizierte Frauen gebe. Die Pläne der künftigen Koalition lösten „nicht das Problem, dass gerade Industrieunternehmen zu wenig Frauen und speziell Naturwissenschaftlerinnen und Ingenieurinnen für die Führungspositionen auf unteren Ebenen haben“.
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Leibinger-Kammüller ist als Germanistin in drei Aufsichtsräten – und verlangt von anderen Frauen  ein naturwissenschaftliches oder Ingenieur-Studium
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Das mag sein, spricht aber nicht gegen die Frauenquote in den Aufsichtsräten. Denn die Aufsichtsräte großer deutscher Unternehmen bestehen nicht etwa aus Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern, unter denen es wenige Frauen gibt. Und Frau Leibinger-Kammüller sollte das eigentlich wissen. Sie selbst hat – ganz frauentypisch – Philologie studiert: Germanistik, Anglistik und Japanologie. Dennoch bereitet es für sie ersichtlich kein Problem, den Aufsichtsräten von Lufthansa, Siemens und Axel Springer anzugehören. „Zur Führung eines Unternehmens braucht man vor allem Persönlichkeit, Begeisterungsfähigkeit, Entscheidungskraft und Veränderungsbereitschaft,“ sagte sie 2011 in einem Interview.
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Nur 13 Prozent der Aufsichtsräte sind bisher Naturwissenschaftler oder Ingenieure
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Damit hat sie zweifellos recht. Nur: diese Qualitäten sind nicht unbedingt die Schwerpunkte in einem naturwissenschaftlichen oder technischen Studium, sollte man meinen. Und in der Tat. In den Aufsichtsräten deutscher Großunternehmen sind Diplom-Ingenieure mit sieben Prozent und Naturwissenschaftler mit sechs Prozent eher schwach vertreten. Es dominieren hingegen Wirtschaftswissenschaftler und Juristen: bei den Funktionsträgern aus den DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen sind die Ökonomen (Betriebswirte, Volkswirte und Bankkaufleute) mit 41 Prozent und die Juristen mit 18 Prozent vertreten.
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Weder Cromme, noch Schneider, Wenning Bischoff oder Kley haben die Ausbildung, ohne die es bei Frauen nicht gehen soll
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Einige Beispiele aus der Elite der deutschen Aufsichtsräte gefällig?
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– Gerhard Cromme, bis vor kurzem Aufsichtsratsvorsitzender des Technologie-Konzerns Siemens und des Stahl- und Technologieunternehmens ThyssenKrupp, Mitglied in den Aufsichtsräten von Axel Springer und Saint-Gobain, hat Jura und Volkswirtschaft studiert.
– Manfred Schneider, Aufsichtsratsvorsitzender des Gas- und Technologiekonzerns Linde, des Energieversorgungskonzerns RWE, lange Jahre in derselben Funktion auch beim Chemie-Konzern Bayer, Mitglied der Aufsichtsräte von Daimler und TUI, hat Betriebswirtschaft studiert.
– Werner Wenning, der Aufsichtsratsvorsitzende von Bayer, kommt aus dem Finanz- und Rechnungswesen.
– Manfred Bischoff, Aufsichtsratsvorsitzender von Daimler, hat Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft studiert.
– Max Kley, Aufsichtsratsvorsitzender von SGL Carbon und Mitglied im Aufsichtsrat von HeidelbergCement und BASF, ist von Hause aus Jurist.
Mit anderen Worten: man(n) muss nicht Ingenieur oder Naturwissenschaftler sein, um für den Aufsichtsrat eines deutschen High-Tech-Konzerns qualifiziert zu sein. Dann sollte dasselbe auch für Frauen gelten. Und schon wird es schwierig mit der Argumentation: Der Frauenanteil unter den Studierenden der Rechtswissenschaften liegt bei etwa 51 Prozent beziehungsweise rund 35 Prozent bei den Wirtschaftswissenschaftlern. 
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Auch auf dem Ticket Unternehmer-Tochter kann man auch einen guten Aufsichtsrat-Job machen
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Dass sogar ein Philologie-Studium nicht von Schaden ist, wenn es darum geht, sich für die Leitung eines Unternehmens zu qualifizieren, zeigt das Beispiel von Nicola Leibinger-Kammüller. Sie hätte ihre Position vermutlich nicht, wenn sie nicht die Tochter des Trumpf-Patriarchen Berthold Leibinger wäre. Aber sie füllt ihre Position ersichtlich sehr gut aus – nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern eben auch in Aufsichtsräten von Lufthansa, Siemens und Axel Springer.
Über Barbara Mayer: 

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